II - Kapitel 4
20.Apr.24 .. 11:13 Uhr
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Orte, Personen

Hilfe, Technik

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They have Killed the Great Sun Jester << Seite 1 >>

Die unmittelbar nach dem Stoss aufheulenden Sirenen taten ein Übriges, die beschauliche Atmosphäre der letzten Wochen zu beenden. Nach kurzer Zeit machte Brzz eine Durchsage auf Knn, von der Paul nur einzelne Worte verstand. Dann tauchte Kado auf dem Bildschirm auf.

“Wir sind von einem Meteoriten getroffen worden, vermutlich. So wie es aussieht, war die Arbeit der letzten Wochen vergebens, weil die SHOOTING SHARK getroffen wurde und für die Landeaktion nicht zur Verfügung stehen wird. Es besteht offenbar aber keine unmittelbare Gefahr für die SUN JESTER, packen Sie aber vorsichtshalber mal das Notfallpäckchen und haben Sie es ständig bei sich. Achten Sie auf weitere Durchsagen.”

Paul und Mona hatten sich schnell angezogen und nahmen kurz und heftig Abschied voneinander. Das sogenannte Notfallpäckchen lag bei den meisten fertig in irgendeiner Schrank­ecke; nur diejenigen, die es schon einmal auseinander­genommen hatten, bekamen jetzt Arbeit.

Der Bildschirm flimmerte ein wenig, dann sah Paul die SHOOTING SHARK. Er stiess ein bitteres Lachen aus. Vermutlich stand sie nicht für die Landeoperation nicht zur Verfügung, hatte Kado gesagt; er schien in den letzten Minuten einen ausgesprochen subtilen Humor entwickelt zu haben. Sie hätten die Landung auf Terkan wohl ebensogut in einer Badewanne versuchen können.

In der linken Tragfläche klaffte ein Loch von mindestens zehn Metern Durchmesser, das ganze Schiff machte einen etwas deformierten Eindruck. Aus dem Treibstofftank neben dem Landungsboot entwich Treibstoff, dessen gefrorene Kristalle in der Sonne von Terkan flirrten. Die BLUE ÖYSTER, die direkt daneben lag, schien unversehrt zu sein.

“Die ganze Scheissarbeit umsonst,” fluchte Paul und dachte an die vielen Stunden, die er mit dem Beladen der SHOOTING SHARK verbracht hatte.

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Er machte sich keine Sorgen um seine Sicherheit, die Durchsagen hatten zu gelassen gewirkt. Im Schrank wühlte er nach seiner Notfalleinheit und fand sie auch sofort unter einem Haufen schmutziger Wäsche. Er sah kurz in das Paket, es schien alles am Ort zu sein: Nahrungskonzentrat, Wasserauf­bereitung, Werkzeug, Medika­mente. Das Ganze wog so etwa zehn oder zwölf Kilo und ließ sich wie ein Rucksack auf den Rücken schnallen.

Auf dem Bild sah er, wie die BLUE ÖYSTER sich langsam von ihrem Liegeplatz löste und auf die Spitze des Raumschiffs zuschwebte. Etwa fünfzig Meter von der Spitze entfernt machte sie neben einem der grossen Transportbehälter fest und wurde offensichtlich in grosser Eile beladen. Die Mannschaft aus Knn arbeitete schnell und zielstrebig, wie üblich. Schon oft hatte er die Präzision in der Zusammenarbeit der Knn bewundert, eine militärische Struktur wie bei ihnen hatte sicher ihre Vorteile.

Das Bild wechselte; Kado tauchte auf, an seiner Seite ein nervös wirkender Kühnhold.

“Wir müssen sicherheitshalber eine kleine Notfallübung machen. Das genaue Ausmass der Schäden ist noch nicht bekannt, wir setzen uns jetzt alle mal in den Evakuierungskasten, der gerade in der BLUE ÖYSTER fertiggemacht wird.” Grinsend setzte er hinzu: “Wenn uns die Bude hier abbrennen sollte, wollen wir wenigstens die ersten beim Feuermelder sein.”

Ein starker Scherz, dachte Paul. Und wie überzeugend Sergej Kunold die Ruhe bewahrte. Kado wirkte gelassen, aber das wollte nichts bedeuten; er würde auch vor einem Erschiessungs­kommando noch einen ruhigen Eindruck machen. Kunolds Zustand war dagegen schon besorgniserregend, er wirkte wie die personifizierte Panik. Paul schloss die Augen und versuchte sich das Bild der Zerstörungen bei der SHOOTING SHARK in Erinnerung zu rufen. Die Tragfläche war hin, klar, aber das war noch kein Grund zur Aufregung. Auch der entweichende Treibstoff war keine Gefahr, schliesslich war kein Sauerstoff vorhanden, der eine Explosion auslösen konnte. Dann fiel ihm ein, dass die zentrale Röhre der SUN JESTER nicht weit von der Einschlagstelle entfernt war, und nun begann auch er sich Sorgen zu machen. Wer wusste schon, wie sich der Pulsfrequenzgenerator bei Beschädigung verhielt!

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Wieder meldete sich Kado.

“Wir treffen uns jetzt alle bei der Schleuse 2, dort wird die BLUE ÖYSTER wenigen Minuten festmachen. Beeilen Sie sich, da der grosse Ring sich jetzt langsamer drehen wird und dadurch die Schwerkraft auf Null sinken wird. In fünf Minuten sind alle bei Schleuse 2, wir werden dann den Umstieg üben und uns alle in die Sitze der Evakuierungskammer setzen. Ich hoffe, wir werden in spätestens einer halben Stunde wieder in der Kantine sitzen und uns einen entspannenden Drink gönnen. Jetzt aber schnell und diszipliniert an die Arbeit.”

Alles strömte jetzt zur Schleuse. Schon konnte man die langsame Abnahme der Schwerkraft feststellen, was zu leichten Koordinationschwierigkeiten bei einigen der menschlichen Passagiere führte.

Im Vorraum zur Schleuse griff ihm Kado an den Arm und zog ihn zur Seite. Als sie ein wenig abseits standen, fragte er ihn mit einem leichten Schmunzeln:

“Na, hast du auch alles mit?”

Paul lächelte zurück und zeigte auf seinen Notfallrucksack.

“Ich könnte dich als Ordner gebrauchen, falls das hier aus dem Ruder läuft,” fuhr Kado fort. “Du hast dir doch schon gedacht, dass wir unseren nächsten Drink nicht mehr in der Kantine der SUN JESTER einnehmen.”

Paul lächelte weiter, wenn auch leicht gezwungen.

“Du hast ja eine dezente Art, mir von der bevorstehenden Explosion des Schiffs zu berichten. Dass ich jetzt die Panik auslöse, befürchtest du wohl nicht.”

Kado winkte ab.

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“Komm, mein Junge, ich kenne dich doch. Ich kann mir denken, dass du Muffe hast, die habe ich auch. Aber deine grösste Angst auf dem Sterbebett wäre doch nicht, was nach dem Tod kommt, sondern dass dir kein dummer Spruch mehr zum Abschied einfällt. Solche Leute neigen nicht dazu, Panik zu verbreiten.”

Ihren Befürchtungen zum Trotz verlief der Einstieg ins Landungsboot ziemlich reibungslos, wenn man davon absah, dass einige Leute doch Schwierigkeiten mit der Schwere­losigkeit bekamen.

Die Knn hatten schnelle und präzise Arbeit geleistet. In den drei Stockwerken der Rettungseinheit waren die Sitzreihen aufgebaut worden; zwölf Sitze in jeder Reihe in Viererblocks, vierzehn Reihen hintereinander, sodass für jeden der fünfhundert Expeditionsteilnehmer ein Platz zur Verfügung stand. Nach zehn Minuten sassen alle auf einem Platz, die Luken wurden geschlossen.

Die ersten Beschwerden kamen auf.

“Lasst doch die Luken auf, wir gehen doch sowieso gleich wieder raus.”

Offenbar machte der beengte Raum den ersten zu schaffen; die zehn mal dreissig Meter grossen Räume waren zwar hell erleuchtet, aber nur wenig höher als ein normales Zimmer und mit jeweils etwa 170 Leuten gefüllt - also nichts für Leute mit Neigung zur Klaustrophobie.

Paul sass direkt neben einer der Luken und sah sich um. Beim Einsteigen hatte er Mona kurz gesehen, konnte sie aber hier nirgends entdecken; nun, vielleicht war sie in einer der beiden anderen Etagen.

Die Rufe nach Abbruch der Übung wurden lauter, als ein leichtes Ruckeln durch das Landungsschiff ging. Die Unruhe wurde grösser, als endlich Kunolds erregte Stimme aus der Lautsprecheranlage erklang.

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“Liebe Freunde, wir verlassen jetzt die SUN JESTER und werden auf Terkan landen.”

Eine Mischung aus Wut und Erschrecken lag im Raum. Nun begriffen die meisten, dass es sich nicht um eine Übung handelte, sondern um den Ernstfall.

Kunold redete weiter.

“Die SUN JESTER ist so schwer beschädigt, dass sie womöglich innerhalb der nächsten Stunde explodieren wird. Wir waren gezwungen, die Aktion als Übung zu tarnen, damit keine Panik ausbrach. Möge die KRAFT mit uns allen sein und uns eine glückliche Landung ermöglichen.”

Paul hoffte eher auf die Fähigkeiten des knnschen Piloten der Landefähre. Sie hatten nicht sehr viel mit den Knn zusammengearbeitet, sondern die Vorbereitung der Landeaktion weit­gehend getrennt nach Menschen und Knn durchgeführt. Die wenigen Kontakte reichten aber aus, um Paul davon zu überzeugen, dass auch der schlechteste ihrer Piloten die BLUE ÖYSTER noch im volltrunkenen Zustand sicher auf Terkan landen würde.

Paul begann, sich in dem bequemen Sessel langsam zu entspannen. Die letzte halbe Stunde war so schnell und hektisch vergangen, dass er kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Er sah sich nun noch einmal im Raum um. Die meisten lagen konsterniert in ihren Sitzen, einige begannen wie er selbst, nach bekannten Gesichtern Ausschau zu halten. Drei Sitze links von ihm sass Hermfried und schaute mit einer Mischung aus Besorgnis und Belustigung zu ihm herüber. Paul war jetzt beruhigt; falls die Kiste hier wirklich abschmieren sollte, der Doktor war sofort zur Stelle. Er lächelte Hermfried beruhigend zu. Irgendwo vorn sassen William und Jane, sie sahen ihn aber nicht.

Seine Gedanken schweiften zu seiner Familie. Vor seinem inneren Auge entstand das Bild seiner Frau und seiner Kinder; ein kleiner blonder Kerl lachte ihn an.

Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er sie vielleicht - nein sicher! - nie wiedersehen würde. Wer sollte von dem Unglück berichten? Und wer sollte ihn von Terkan retten? Dieser Abschied von der SUN JESTER war endgültig, sie waren gestrandet.

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Sein Herz zog sich zusammen, er spürte ein leichtes Würgen im Hals. Trotz seiner Affäre mit Mona war seine Familie immer das Wichtigste in seinem Leben gewesen. Mit seiner Frau verband ihn schliesslich mehr als nur eine körperliche Anziehung oder die Möglichkeit, munter und geistreich miteinander zu plaudern wie bei Mona. Er wusste, dass er sich auf seine Frau verlassen konnte, er hatte ein tiefes Vertrauen zu ihr. Sie hatten gemeinsam die Kinder aufgezogen und waren stolz und glücklich über sie. Was war eine Affäre gegen ein Leben?

Er legte sich die Hände vor die Augen, dann sah er deprimiert an die Decke. Was würde aus seiner Familie werden, aus seinen Kindern? Nie würde er etwas davon erfahren. Sein bisheriges Leben wurde gerade ausgelöscht.

Er schüttelte den Kopf und fühlte, wie die Tränen ihm hochkamen.

Die BLUE ÖYSTER hatte inzwischen ganz offensichtlich die äusseren Schichten der Terkanatmosphäre erreicht, denn ein leichtes Rütteln ging durch das Landungsschiff. Paul hatte so etwas zwar noch nie erlebt, wusste aber aus der Literatur, dass sich Raumschiffe beim Eintauchen in eine Lufthülle so verhielten.

Aus dem Lautsprecher kam die Durchsage, dass sie sich nun 60 Kilometer über der Terkanoberfläche befänden. Paul bedauerte, dass es keine Fenster gab, durch die man den Ausblick auf den Planeten geniessen konnte.

Das Rumpeln im Schiff wurde stärker und die Nervosität der Leute um ihn war mit Händen zu greifen. Gehetzt schauten sich einige um, von links vorn ertönte ein verzweifelter Ruf: “Wir werden alle sterben.” Sicher, sicher, wer würde das bezweifeln, dachte Paul, aber hoffentlich nicht in den nächsten fünf Minuten.

Die Durchsage für zwanzig Kilometer Höhe war gerade verklungen, als ein scharfer Knall von der linken Seite ins Innere des Schiffs drang und schnell von einem widerlich klingenden schrillen Pfeifen abgelöst wurde.

Ein Stöhnen ging durch die Passagiere der BLUE ÖYSTER. Es verstärkte sich, als kurz hintereinander zwei weitere explosionsartige Geräusche ertönten und sich das Schiff deutlich auf die Seite legte.

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Aus dem Lautsprecher ertönte eine kurze und nervöse Durchsage auf Knn. Dann, ebenso kurz, Andras Stimme:

“Der Hitzeschild löst sich, wir versuchen, das Schiff zu drehen, abzubremsen und dann die Rettungseinheit, in der wir sitzen, abzusprengen. Viel Glück.”

Na Klasse. Wenn schon etwas schiefging, dann aber auch wirklich gründlich. Paul versuchte sich vorzustellen, wie das Schiff gedreht werden sollte, dann merkte er, dass es nicht mit der Rückseite, sondern mit der Unterseite senkrecht gegen die antosende Atmosphäre gestellt wurde. Das Schiff ächtzte unter der Belastung und musste eigentlich jeden Moment auseinanderfliegen. Paul sah nach links, aber Hermfried sass zusammengesunken in seinem Sitz; irgendwie war Nähe des Arztes nicht mehr so tröstlich wie noch vor wenigen Minuten.

Vorn flog kurz die Tür zur Pilotenkanzel auf, zwei Gestalten warfen sich auf zwei der wenigen leeren Sitze. Wenige Sekunden später schien das Schiff zu explodieren, eine ungeheure Beschleunigung war zu spüren, der Raum geriet ins Taumeln und Rotieren wie auf einer riesigen Achterbahn; in der Nähe waren eindeutige Würgegeräusche zu hören.

Dann wieder ein Schlag und sie wurden abgebremst. Das Taumeln wurde schwächer, schliesslich kam der Raum in einer etwas schrägen, aber stabilen Lage zur Ruhe. Nach einer kurzen Zeit der Ruhe, in der nur das Brausen der vorbei­rasenden Luft zu hören war, spürte man wieder einen Schlag, heftiger als der erste, dann hingen sie wieder waagerecht im Raum und die Bewegung ging in ein langsames Hin- und Herschwingen über. Offenbar hatte die Aktion funktioniert und sie hingen an grossen Fallschirmen. Wenn ihre Glücksträhne anhielt, standen die Fallschirme bereits in Flammen oder würden in Kürze reissen.

Vorn verbreitete wieder jemand den Allgemeinplatz, dass alle sterben würden.

“Halts Maul, Du Arsch!” lautete der ehrliche, aber wenig einfühlsame Kommentar.

Der Zustand des langsamen Schwingens hielt, wie es schien, eine Ewigkeit an. Paul sass wie betäubt in seinem Sitz, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, sogar sein Galgenhumor war ihm abhanden gekommen.

Dann knallte es erneut, als wollte es den Rettungsraum zerreissen. Es knirschte, als würde sich ein gewaltiger Bohrer in einen Knochen fressen. Einige der Säulen im Raum waren ein wenig geknickt, auch die Wände schienen Risse bekommen zu haben.

Aber sie standen, sie standen auf festem Grund.

Sie waren gelandet.

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Paul schlug sich mit den Händen auf die Wangen, um sich wieder richtig zu Bewusstsein zu bringen. Ein erfreulicher Begleiteffekt dieses Tuns war, dass er jetzt sicher war, nicht zu träumen, sondern wirklich noch zu leben.

Da er ganz nah neben einer Tür sass, erhob er sich vorsichtig, seine Knochen langsam sortierend, aus seinem Sitz und bewegte sich auf die Tür zu. Er öffnete die Verriegelung und drückte behutsam gegen die Tür, die mit einem leisen Knarren nachgab.

Die Tür schwang langsam auf, ein kühler Windstoss zog in den Raum. Er sah in eine weite, gelbe Ebene ohne jede Vegetation, über der die Sonne von Terkan tief im wolkenlosen Himmel stand. Neben der Tür war eine Leiter angebracht, die er zu Boden liess. Hinter ihm wurde es munter, und er beeilte sich, auf den Boden zu kommen, der etwa drei Meter unter ihm lag. Links von ihm hing einer der Fallschirme herunter, unter ihm wurde ebenfalls eine Tür aufgestossen und Leute wühlten sich durch die Stoffmassen ins Freie. Es brach kein Jubel aus, keine Freudenrufe, nichts. Irgendwie schien noch keiner so recht zu glauben, dass man die Landung zumindest fürs erste überlebt hatte.

Ihre Umgebung wirkte so trostlos, wie eine Umgebung nur wirken konnte. Nichts störte das Ebenmass der Wüste. Paul ging um die Rettungseinheit herum und fand überall dasselbe Bild. Strand bis zum Horizont und kein Meer in Sicht. Nur in Richtung der tiefstehenden Sonne schien es eine dunklere Stelle zu geben, ohne optische Hilfsmittel konnte er aber nichts erkennen.

Mittlerweile war richtig Leben in die Wüste gekommen. Mehr und mehr Menschen und Knn kamen aus dem, was von der BLUE ÖYSTER übriggeblieben war. Überall begannen sich jetzt die Überlebenden zur glücklichen Landung zu gratulieren, der erste Schock schien überwunden.

Er sah, wie Kado sich mit Oggrd unterhielt, dann ging er auf Andra zu und sie sammelten einige der menschlichen Expeditionsteilnehmer um sich; auch Paul war unter den Auserwählten.

Kados gute Laune war zurückgekehrt, sein stilles Grinsen ermutigte Paul.

“Leute,” begann Kado. “Die erste Nachricht ist, dass die SUN JESTER kurz vor den Problemen mit der BLUE ÖYSTER explodiert ist. Wir hängen hier wohl ein paar Tage fest.”

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Gott oder wer auch immer hat ihm seinen Humor erhalten.

“Die meisten Geräte, die wir in der BLUE ÖYSTER hatten, sind vermutlich verloren. Eigentlich haben wir nicht viel mehr als das, was wir auf dem Leibe tragen. Die gute Nachricht ist, dass wir keine Verluste an Leben zu beklagen haben, weder auf Seiten der Knn noch auf unserer. Sogar die beiden Piloten der BLUE ÖYSTER haben sich retten können. Wir haben eigentlich genug Nahrung für die nächsten ein bis zwei Wochen, aber mit der Wasserversorgung wird es Probleme geben. Dummerweise wissen wir nicht mal, wo auf Terkan wir genau gelandet sind, ich habe hier bisher nur Wüste gesehen.”

Paul machte ihn auf den dunklen Fleck aufmerksam, über dem eine schwache Rauchsäule stand. Kado übergab das Wort an Sergej Kunold, stand auf und ging mit Paul um die Rettungseinheit herum. Im Gehen hörten sie Kunold von der KRAFT reden, die alles zu einem guten Ende geführt hatte.

“Wenn wir nicht sehr schnell Wasser finden, kann der seine KRAFT saufen,” meinte Kado etwas verärgert. Er schaute in die Richtung des dunklen Flecks, dann meinte er: “Vielleicht haben wir Glück und wir sind hier in der Nähe des einzigen grösseren Waldstücks im Umkreis von fünfhundert Kilometern gelandet. Komm, wir gehen zu den Knn, die kennen sich hier besser aus.”

Die Knn wirkten irgendwie verlegen, als sie zu ihnen traten. Auch sie standen in einem Kreis von etwa zwanzig Leuten zusammen.

“Wir müssen uns vor euch schämen. Wir haben unsere Ehre verloren und euch ins Unglück gestürzt,” begann Oggrd und senkte beschämt den Blick zu Boden.

Dieses alberne, frühpubertäre männliche Ehrgefühl der Knn, auch der weiblichen Mannschaftsteile, war Paul schon häufiger aufgefallen.

“Wieso, hat einer von euch den Meteoriten geschmissen?” fragte er Oggrd. Dann fielen ihm die Schwächen der Knn in Bezug auf feine Ironie wieder ein und er ergänzte: “Eure Schuld war es doch wohl nicht. Im Gegenteil, ihr habt uns gut runtergebracht; immerhin haben alle überlebt, wie es aussieht.”

Die Knn wirkten kaum getröstet, waren aber wie elektrisiert von dem dunklen Flecken am Horizont. Sie turnten zusammen mit Paul und Kado die Leitern hoch auf das Dach des Rettungskastens. Dort sahen sie aufgeregt in die angegebene Richtung und einer von ihnen zauberte ein Fernglas aus seinem Notfallrucksack. Paul wühlte jetzt auch mal in seinem Rucksack, fand aber keinen Feldstecher.

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Unzweifelhaft, das war Vegetation, aber genaueres konnte er auch nicht sehen. Kado erhielt das Fernglas von Brzz. Er sah aufgeregt hindurch, murmelte immerzu “ja, ja,” dann wandte er sich an Paul.

“Mann, vielleicht haben wir Glück und befinden uns in der Nähe der Stelle, an der wir landen wollten. Da gibt es in einer riesigen flachen Senke einen Wald, der ist bestimmt fünfhundert Quadratkilometer gross, vielleicht grösser. In der Nähe ist eine Stadt mit einigen zehntausend Einwoh­nern, es gibt einen Fluss, der den Leuten Landwirtschaft ermöglicht. Ich habe mit den Knn zusammen diesen Platz als möglichen Landeplatz untersucht, die waren bei ihrem ersten Besuch auch hier.” Dann fügte er noch hoffnungsvoll hinzu: “Wenns das wirklich ist.”

Brzz wandte sich an die beiden und meinte mit geballter Faust:

“Das muss es sein! Vielleicht können wir doch überleben.”

Paul schaute erstaunt. Für knnsche Verhältnisse war diese geballte Faust so etwas wie eine Mischung zwischen lautem Schreien, sich auf dem Boden wälzen und dem Abküssen aller Umstehenden. Diese Leute begannen ja, unkontrollierte Emotionen zu zeigen.

Sie stiegen wieder vom Dach. Paul und Kado gingen wieder zu ihrer kleinen Versammlung, um sie von der hoffnungsvollen Entdeckung zu berichten.

Sie unterbrachen Kunold, der immer noch seinen Vortrag über die Kraft und die Schwingungen im Universum hielt. Er war leicht verärgert, hörte dann aber zu, wie Kado von ihrer Entdeckung berichtete.

“Wir haben für eine ganze Zeit genug zu essen,” schloss er. “Wir müssen aber unbedingt eine Wasserquelle finden, und zwar innerhalb der nächsten 2 Tage. In diesem Klima brauchen wir sicher fünf Liter Wasser am Tag und mehr als acht Liter pro Person haben wir nicht. Dieser Wald ist etwa fünfunddreissig Kilometer entfernt, das sollten wir in spätestens zwei Tagen geschafft haben. Wir haben Glück, dass es langsam Nacht wird, wir werden den sofortigen Aufbruch planen. In zwei Stunden geht es los.”

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Sie sprachen sich mit den Knn ab, dann herrschte in und um den Rettungskasten emsiges Gewusel. Alles, was sich noch an Brauchbarem fand, wurde abmontiert und in einen transportfähigen Zustand gebracht. Schliesslich hatte jeder etwa fünfzehn Kilogramm zu tragen, kräftigere Gestalten wie Kado, Andra und Paul bekamen einen Zuschlag von fünf Kilogramm oder mehr.

Dann wurde zum Aufbruch gerufen.

“Wir befinden uns in grosser Gefahr,” sagte Kado. “Wir haben zwar die vollständige Zerstörung unserer Transportmittel überlebt, aber wir haben nicht viel behalten. Wir wissen nicht, wie wir jemals wieder zurückkommen sollen zur Erde; ich glaube, wir werden uns auf einen dauerhaften Aufenthalt hier einrichten müssen. Und wenn wir kein Wasser finden, kann ich als einzigen Trost verkünden, dass genug Gift für alle da ist.”

Nachdem Kado auf diese Art die Menschen in eine hoffnungs­volle Stimmung versetzt hatte, gab Kunold noch letzte Anweisungen.

“Wir werden uns in einer langen Schlange bewegen und die ganze Nacht marschieren. Einige Leute aus der Organisations­abteilung werden die Vorhut bilden, einige die Nachhut. Wir haben immerhin noch ein halbes Dutzend Funkgeräte und können so den Kontakt zwischen den vorn und hinten Marschierenden halten. Auf gehts. Möge uns die KRAFT leiten.”

Die Knn waren mittlerweile schon aufgebrochen und marschierten in einer langen Reihe in die einbrechende Nacht hinein. Am Himmel waren die ersten Sterne zu erkennen, hinter ihnen stieg ein kleiner, blassgelber Mond langsam über den Horizont. Es war kühler geworden, die Luft war klar und von einer eigenartigen Würze. Der schwache Wind kam von vorn, aus der Richtung, in der sich der Wald befand.

Jetzt, nachdem die letzten Knn an ihnen vorbeigegangen waren, brach auch die Gruppe der Menschen auf. Die Spitze der Schlange bildete Jonas Zwoell, der mit Andra zusammen die Logistikgruppe leitete. Es dauerte mehr als zehn Minuten, bis die letzten an ihnen vorbeikamen. William winkte Paul zu, Jane schaute, wie immer in den letzten Tagen, etwas sauer zu ihm herüber. Sie schien ihm auch in der katastrophalen Lage, in der sie sich befanden, seine Beziehung zu Mona nicht zu verzeihen. Er zuckte mit den Schultern, dann reihte er sich in die Nachhut ein, in der sich auch Kado und Mona befanden. Mona hatte ihm das Vergnügen bereitet, unmittelbar vor ihm herzugehen; die Rückseite einer Frau, besonders einer, die man mochte, wirkte wesentlich motivierender als die eines noch so gutaussehenden Mannes. Nun, Frauen mochten da anderer Ansicht sein.

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Es ging voran, aber nicht sehr schnell. Sie sanken bei jedem Schritt ein wenig in den Wüstensand ein, was das Gehen schwer machte. Spätestens nach einer Viertelstunde hatten sie sich an die gleichmässige Bewegung gewöhnt und marschierten still durch die Nacht.

Paul sah hoch zum Himmel. Es war unwirklich, gespenstisch. Vor drei Stunden noch hatte er mit Mona in seinem Zimmer gelegen, alles war in Ordnung gewesen. Und jetzt? Er würde wahrscheinlich noch Tage brauchen, bis er begreifen würde, dass die Erde, seine Familie, sein ganzes Leben jetzt jenseits des Universums lagen. Es ging wohl fast allen Leuten so, bisher waren alle von hektischer Aktivität erfüllt gewesen und hatten kaum Zeit gehabt, sich um ihre Situation grundlegende Gedanken zu machen. Richtig klar im Kopf war noch keiner. Paul rief sich die Gesichter der vorbegehenden Menschen in Erinnerung, müde Gesichter zumeist. Man hatte das Gefühl, dass sich nur Potjemkinsche Menschen, Fassaden durch die Wüste bewegten, so als wären die Seelen noch auf der SUN JESTER.

Wahrscheinlich sah er selbst nicht besser aus.

Es ging leicht bergauf. Auf dem Gipfel des kleinen Hügels angekommen, konnte man im schwachen Licht der sternklaren Nacht die schier endlose Menschenkette sehen, die sich durch die Wüste bewegte wie ein grosser Treck von Häftlingen in einem amerikanischen Spielfilm. Noch gingen alle in Reih und Glied; keiner hatte bisher schlappgemacht, obwohl wirklich nicht alle Expeditionsteilnehmer vorher ein Fitnessprogramm absolviert hatten. Die Angst, zurückgelassen zu werden, trieb offenbar jeden einzelnen durch die Wüste.

Vier Stunden und zehn oder zwölf Kilometer später war eine erste Pause fällig. Die Reihen setzten sich einfach in den Sand, legten sich hin, aßen etwas, tranken und versuchten, sich ein wenig zu entspannen. Es wurde kaum gesprochen, alle waren erschöpft oder hatten etwas zu tun.

Andra und einige Leute aus ihrer Logistikgruppe bauten ein Gerät zur Wasser­gewinnung auf. Die Temperatur war auf unter zehn Grad Celsius gefallen und man merkte, dass die Kleidung begann, feucht zu werden. Es war genug Wasser in der Luft, um die Kondensatoren anzuwerfen. Deren Kapazität reichte allerdings nicht für die Versorgung der fünfhundert Menschen aus, maximal einhundert würden damit auf Dauer überleben können. Vielleicht hielten sie mit diesen Geräten statt zwei Tagen sogar eine Woche aus, aber eine Wasserquelle musste gefunden werden, sonst wäre es aus und Kado könnte die angekündigten Tabletten verteilen.

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Nach einer Pause von einer halben Stunde begann allen die Kälte in die Kleider zu kriechen. Es kam wieder Bewegung in die Wüste, sie standen auf und begannen mit dem nächsten Teil des Marsches.

Wieder kämpften sie sich durch den Sand und kamen nur langsam voran. Nach drei Stunden war man erst weitere acht Kilometer weit gekommen, doch plötzlich stockte der Marsch an der Spitze. Über Funk wurde durchgegeben, dass man an ein kleines Tal gekommen war, in dem einige Pflanzen wuchsen. Es war einige hundert Meter lang, vielleicht hundert Meter breit, zehn Meter tief und würde den Menschen und den Knn Platz für ein kleines Lager über Tag bieten. Man beratschlagte kurz und beschloss, in diesem Tal zu bleiben, zu schlafen und in der nächsten Nacht weiterzumarschieren.

Als das Morgengrauen begann, waren die Lager hergerichtet, grosse Planen als Sonnenschutz gespannt und die meisten lagen eingemummt in ihren Schlafsäcken aus aufgeschäumten Kunststoff. Viele schliefen schon, erschöpft von der ungewohnten Anstrengung.

Paul lag noch unter dem freien Himmel. Er sah, wie die Farbe des Himmels langsam vom dunklen Schwarzblau der Nacht in ein fahles Gelb überging. Weit oben schwebten einige Federwolken, die von den ersten Sonnenstrahlen in ein orangegelbes Licht getaucht wurden, während auch die hellsten Sterne verschwanden. Es war ziemlich kalt geworden, Tau lag auf den Blättern eines Baumes in der Nähe.

Die Vegetation in dieser Senke unterschied sich auf den ersten Blick kaum von der irdischen in ähnlichen Klimaten; allerdings konnte er nur von einem groben Augenschein urteilen, da er kein Biologe war. Neben ihm lag Mona und schlief, sie würde er da mal genauer fragen müssen.

Er schaute mit einer verzweifelten Zuneigung auf sie. Mit ihr würde er ein neues Leben beginnen müssen, ob er nun wollte oder nicht.

Ein lachendes Gesicht tauchte wieder vor seinem inneren Auge auf, es war sein jüngster Sohn. Er legte sich hin, wühlte sich tief in seinen Schlafsack und schloss die Augen.

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Er wurde wach, weil jemand zärtlich an seinem Ohr knabberte. Das erste, was er sah, war Monas Lächeln. Durch die spärlich belaubten Äste über ihm flatterten emsig ein paar kleine Vögel auf der Suche nach Nahrung. Die Luft war heiss, aber es duftete nach ätherischen Ölen, so als hätte vor kurzer Zeit jemand eine Tüte mit Hustenbonbons geöffnet. Im Tageslicht konnte er sehen, dass sie am Rand des Tals lagen, in dem sich die gesamte Expedition niedergelassen hatte. Ganz in der Nähe ging es zwanzig oder dreissig Meter ziemlich steil nach oben. Er wunderte sich, dass sie gestern offenbar alle mit gesunden Gliedern hier hinuntergekommen waren.

Er zog Mona an sich und drückte sie an sich.

“Wir hängen hier fest, Mädel, aber ich habe dich.”

“Und ich dich,” entgegnete sie.

Irgendwie fühlte sich Paul getröstet. Er sprang auf, um sich über die Aktivitäten um ihn herum zu informieren.

Viele schliefen noch. Es war später Nachmittag, wie man am Sonnenstand erkennen konnte, aber die ungewohnte Nachtwanderung mit Gepäck hatte die meisten doch ziemlich geschafft.

Schon vor zwei Stunden war eine kleine Expedition aus Knn und Menschen in Richtung des Waldes aufgebrochen. Er kletterte mit Mona den Abhang hoch, um einen Blick auf den Wald zu werfen. Nach dem ersten Eindruck von Terkan gestern nach ihrem Absturz überwältigte ihn der Anblick des Waldes, den er jetzt deutlich durch ein Fernglas erkennen konnte. Es konnten höchstens noch fünfzehn Kilometer sein, und die würden sie in der heutigen Nacht sicher schaffen. Der Wald war wirklich gross, und er lag mitten in der Wüste. Paul war etwas verwundert, dass die Bäume sehr niedrig erschienen.

“Das ist so ähnlich wie hier, Paul; der Wald liegt in einer Senke wie dieser, nur ist sie tiefer und viel grösser. Die Knn sind sicher, dass sie hier waren, als sie zum ersten mal auf Terkan gelandet sind und sich den Wundstarrkrampf geholt haben. Sie sagen, dass dieses Tal fast dreissig Kilometer lang und zwanzig Kilometer breit ist. Vermutlich gibt es hier irgendwo tief unter der Erde Grundwasser. Es gibt auch bei uns Bäume, die holen sich das Wasser aus mehr als achtzig Meter Tiefe. Das Tal drüben ist tiefer und geht womöglich bis zum Grundwasser.”

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“Das wären ja akzeptable Lebensbedingungen für uns; vielleicht jedenfalls.” Paul dachte nach. “Wieso sind nicht direkt alle weitermarschiert, warum dieses Voraus­kommando?”

“Man weiss nicht, ob der Wald wirklich unbewohnt ist und wir wollen nicht direkt feindselig empfangen werden, womöglich mit einer Salve aus altertümlichen Gewehren. Die Stadt ist schliesslich nicht weit vom Wald entfernt.”

“Wie, Stadt? Welche Stadt?” fragte Paul verwirrt.

Mona zeigte lässig nach rechts. Weit entfernt in der flimmernden Hitze der Wüste war auf einem flachen Hügel etwas zu sehen. Paul nahm hastig das Fernglas an die Augen. Ohne Zweifel, das war eine Siedlung. Sie sah auf den ersten Blick aus wie eine Burg; die Aussenseite schien glatt zu sein wie eine hohe Mauer.

“Deshalb sind die Knn auch so sicher, wo wir sind,” sagte Mona. “Die waren zwar damals nicht in der Stadt und hatten auch keinen Kontakt, aber haben das alles natürlich genau beobachtet. Es sieht so aus, als wäre zumindest unser Überleben fürs erste gesichert.”

“Deshalb dein Frohsinn heute morgen, was?”

Mona zuckte mit den Schultern und machte dabei ein ausgesprochen fröhliches Gesicht.

“Kado hatte uns ja nicht besonders Mut gemacht mit seiner Tablettennummer. Es sieht so aus, als könnte er die jetzt anders entsorgen.”

Vier Stunden später meldeten sich die Leute von der Vorhut per Funk. Sie waren in den Wald eingedrungen und hatten niemanden gesehen, gehört oder gerochen. Sie gaben die Anweisung durch, dass der Rest der Mannschaft kurz nach Einbruch der Dunkelheit folgen sollte und den Rastplatz so verlassen sollte, als wäre nie jemand dagewesen.

Ein paar Stunden später waren wieder alle unterwegs durch die Nacht. Wie in alten Indianerbüchern üblich waren alle Spuren ihrer Anwesenheit gelöscht worden. Die Fussstapfen in der Wüste würde der Wind mit der Zeit verwischen. Falls die Bewohner der Stadt in dieses Tal kommen würden, sollten sie auf keine Spuren stossen.

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Es schien, als sei ihre “Glückssträhne” gerissen. Der Meteoriteneinschlag auf der SUN JESTER und ihre nachfolgende Zerstörung, der Absturz der BLUE ÖYSTER, der fast vollständige Verlust alles Expeditionsmaterials, das war wirklich ein unwahrscheinlich dummes Zusammentreffen von Pech. Musste Murphys Gesetz, dass alles, was schiefgehen kann, auch schiefgeht, sich ausgerechnet auf dieser Expedition so gründlich als richtig erweisen?

Andererseits hatten sie natürlich Glück gehabt, dass sie überhaupt überlebt hatten. Die Knn hatten eine sehr hohe Meinung vom Wert des Inividuums, so dass auch die Sicherheitsmassnahmen ganz ausserordentlich gründlich waren. Sie hatten sich eben nicht darauf beschränkt, zwei grosse Landeschiffe auf der SUN JESTER mitzuführen, sondern hatten in diese noch eine Rettungseinheit integriert, und diese Vorsicht hatte ihnen allen zumindest vorläufig das Leben gerettet.

Der Marsch durch die Nacht lief ab wie in der Nacht zuvor: langsam, aber problemlos. Die Nähe des Waldes schien ihre Schritte zu beschleunigen; Paul spürte, wie er sich danach sehnte, wieder einmal richtige Erde unter den Füssen zu spüren und die Blätter eines richtigen Waldes über sich rauschen zu hören.

Es war noch dunkel, als sie an ihrem Ziel ankamen. Der Mond von Terkan war, wie schon gesagt, etwas mickriger als der Erdenmond, aber er spendete genug Licht, um vom ihnen vom Rand des grossen Tals einen guten Ausblick über den Wald zu ermöglichen.

Paul wurde es warm ums Herz. Nach vielen Wochen im Weltraum und dem Absturz in die Wüste hatte er zum erstenmal das Gefühl, sich hier heimisch fühlen zu können. Am Rand war der Wald noch etwas schütter, aber dann wurde er dicht, er schien fast undurchdringlich, und er zog sich hin, soweit das Auge reichte. Irgendwo hier im Wald mussten sie einfach eine Ecke finden, in der sie sich auf Dauer einrichten konnten.

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